Finissage der Ausstellung "Darf man über Hitler lachen?"
am Sonntag, 6 Oktober von 15.00-16.00Uhr im Kaminzimmer des Schlosses vor Husum:
Unter dem Titel "Resonanzen" reflektieren die Ausstellungskuratoren Briefe, Notizen, Gedanken und Meinungen von Besucherinnen und Besuchern, die während der viermonatigen Ausstellungszeit gesammelt wurden.
Auf die vielfältigen Reaktionen des Publikums darf man gespannt sein.
Nachlese
Ein grandioser Schlussakkord beendete das Jubiläumsfestival. Markus Dorner spielte ein fulminantes musikalisches Szenenprogramm. Mit Humor und Augenzwinkern erklangen wohlbekannte Volkslieder und Melodien aus Opern. Die Ballade vom Zauberlehrling oder Reinhard Meys Chanson „Es gibt Tage, da wünscht’ ich, ich wär’ mein Hund“ wurden mit viel Spielfreude und wunderbarer Gesangsstimme auf die Bühne gebracht. Höhepunkt war sicherlich „Die kleine Reblaus“ von Hans Moser. Vorgetragen von Markus Dorner im typischen wienerischen Schmäh entzückte das Publikum. Die begeisterten Zuschauer dankten mit minutenlangem Applaus.
Fotos: ©MEYER ORIGINALS
Das Erinnerungsbuch, in das die Besucher und Besucherinnen über die 10 Festivaltage hineinschreiben konnten, überreichten Anja Kilian, Puppenspielerin aus Hamburg, und Baukje Scheppink, langjährige Festivalbesucherin aus den Niederlanden und ausgezeichnete Kalligraphin, dem Vorstand des Pole Poppenspäler Förderkreises als Dankeschön. Überwältigt und berührt nahm der Vorstand dieses wunderbare Erinnerungsbuch entgegen.
Wenn ich wieder klein bin – Erinnerung an Janusz Korczak
Publikumsstimme:
Dr. Janusz Korczak, polnischer Jude und Leiter eines jüdischen Waisenhauses, muss nach der Machtübernahme der Nazis ins Ghetto und wird dann mit 200 Kindern deportiert. Korczak, der sich schützend vor seine Kinder gestellt hat, begleitet diese auf ihrem letzten Weg. Ihre Spur verliert sich in Treblinka.
Es ist meisterhaft, wie es Pavel Möller-Lück gelingt, die Geschichte des Doktors derart humorvoll und mitunter witzig zu erzählen, ohne diesem düsterem Thema die Achtung und Wertigkeit zu nehmen. Es wirkt nie platt oder unangemessen.
Liebevoll im Spiel, liebevoll in der Ausstattung; aus sämtlichen Nischen werden Figuren herausgeholt, jeder Gegenstand wird zur Hauptfigur: Aus einem, an der Leine hängenden Koffer wird eine Projektionsfläche, dann ein Schlafsaal im Waisenhaus.
Pavel Möller-Lück schlüpft in sämtliche Rollen, kaskadiert in rauschenden Dialogen und entfesselt ein wortgewaltiges Bild einer großen Persönlichkeit in einem ebenso großartigen wie berührenden Theaterstück.
Torsten Zajwert, langjähriger Besucher der Pole Poppenspäler Tage, Hamburg
Foto ©MEYER ORIGINALS
13 Wochen – 13 Wanderungen
Mit dem Projekt „13 Wochen – 13 Wanderungen“ erinnert der Freundeskreis KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing an die Häftlinge, die für den Bau des Friesenwalls eingesetzt wurden.
Am 28. September beteiligten sich der Pole Poppenspäler Förderkreis und Festivalbesucher an dieser Wanderung und gingen den sieben Kilometer langen Weg der Häftlinge.
Teil der Gruppe auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte. Foto ©MEYER ORIGINALS.
Die Regentrude – Figurentheater Weidringer
Bei stürmischem Wetter haben sich die Schüler und Schülerinnen von Amrum nach Husum gewagt, um "Die Regentrude“, ein Puppenspiel vom Figurentheater Weidringer aus Erfurt nach dem Märchen von Theodor Storm, anzuschauen.
Foto: ©MEYER ORIGINALS
Kinderstimmen zum Stück:
"Die Puppenspielerin hat gut die Stimme verstellt." / "So viele verschiedene Stimmen-Toll!" / "Kleidertrick mit der Schürze war Stine, umgekrempelt zur roten Weste war es der Bauer. Super!" / "So viele Rollen von nur einer Person. Dass die Frau alle Rollen gleichzeitig gespielt hat, fand ich gut." / "Die Verwandlung zum Baum und dass sie sich im Baum hochgearbeitet und dabei noch die Perücke aufgesetzt hat." / "Der Feuermann war toll, Stimme und dass er immer wieder irgendwo hervorkam." / "Dass die Puppenspielerin meine Haare angefasst hat und uns mit Wasser bespritzt hat, als die Regentrude erwacht war." / "Die Puppenspielerin hat so schön Geige gespielt." / "Ich war erstaunt, dass die Puppenspielerin den Spruch so gut aufsagen konnte und wir auch mitmachen konnten." / "Die Dekoration, die wandelbaren Kostüme und die Stimmen haben uns allen besonders gut gefallen." / "Das Wort „Furztrocken“, das Schnarchen vom Bauern und die wandelbare Espresso-Maschine waren lustig"
Peter und der Wolf
Vierzig kleine Händepaare marschieren in buntem Zug in den Schlosshof, wuseln in den Vorraum, legen ihre gelben Westen ab und füllen die Reihen im Südflügelsaal: "Peter und der Wolf" wird gegeben.
Auftritt die Spielerin, baut eine Rahmenerzählung auf und schon geht es los: Die Instrumente stellen sich vor und mit ihnen die Figuren, die sie repräsentieren. Da watschelt die Ente zu Oboenklängen über die Bühne, die Kinder sind begeistert. Gravitätisch großväterlich das Fagott. Hüpfend erscheint, von Geigen umgeben, der Peter. Der Großvater wohnt in einem alten Grammophon, das, so die Rahmenerzählung, auch Prokofjews wunderbare Musik wiedergibt.
Die Geschichte ist bekannt, die Erwachsenen im Saal kennen sie wohl alle. Dass die Kinder sie jetzt kennenlernen ist ein großer Spaß. Und es ist Kulturvermittlung im besten Sinne. Wie schön, dass es das gibt.
Foto: Nastja Zukanova
Lange Nacht der Puppen
Wo anfangen, wo aufhören, wenn es gilt, über die „Lange Nacht der Puppen“ zu berichten…
Es war ein glänzender Kontrast zwischen den Präsentationen dreier junger Absolventinnen der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und dem Rückblick auf 40 Jahre des Figurenspiels in Husum, der von altgedienten Profis des Fachs grandios und unterhaltsam gestaltet wurde.
Im ersten Teil präsentierte ein junge Künstlerin, wie man mit minimalen Mitteln – einer Eiskugel als Bauchladen und einigen Figuren – ein witziges Spiel über Entscheidungsangst, Zögerlichkeit und großen Träumen entstehen lässt.
Den mittleren Teil gestalteten Spielerinnen und Spieler, die das Poppenspäler – Festival seit 40 Jahren begleitet haben, natürlich nicht etwa mit langatmigen Laudationes, sondern mit Kostproben ihres spielerischen Könnens. Und „spielerisch“ hat hier eine Doppelbedeutung: Es steht für die handwerkliche Spielkunst genauso wie für die spielerische Leichtigkeit, die der Zuschauer empfindet und die doch Ergebnis jahrelangen Trainings ist. Nicht vergessen werden sollte, dass außer den Spielszenen auch kreative Wortbeiträge die 40 Pole – Jahre wieder vor Augen führten
Und der Schluss: Katzenmusik mit Haushaltsgegenständen und Werkzeugen, virtuos und geradezu artistisch gezeigt von den drei Künstlerinnen. Hier begegneten sich also Künstlergenerationen und belegten: Das Figurenspiel ist nicht nur Tradition, sondern auch Gegenwart und Zukunft.
Fotos: ©MEYER ORIGINALS
HANDLUNGEN – Marc Schnittger, Kiel
Es gibt die Theorie, dass Hand und Hirn im Laufe der Menschwerdung eine Co-Evolution erfahren haben. Wollte man einen - zugegeben unwissenschaftlichen - Beleg dafür bekommen, dann war man bei der Aufführung der "Handlungen" am 21.09.2024 im Rittersaal des Schlosses vor Husum richtig: Aus dem Hirn der Autoren floss ein Strom intelligent-lustiger Spielszenen über die Hände der Spieler in die Hirne des Publikums.
Aus diesen Händen, ergänzt um einen kugelrunden Kopf, wurden die Akteure, deren HANDlungen die Zuschauerinnen und Zuschauer teils gebannt, teils mit Tränen des Lachens in den Augen, folgten. Wer, wie die Zuschauer im vollbesetzten Rittersaal, sich diese Auszeit vom Alltag gegönnt hat, wird sich am Ende sagen: "Handlungen" haben zwar nicht Hand und Fuß, aber Hand und Hirn – meine Hand drauf!
Foto: ©MEYER ORIGINALS
Publikumsstimme:
"Handlungen" hat für mich den Publikumspreis verdient",
so Herr Hildebrand aus Mannheim, zum ersten Mal als Gast bei den Pole Poppenspäler Tagen.
Ein gelungener Auftakt!
Freitag, 20.10.2024 im Nordsee Congress Centrum in Husum: Vor ausverkauftem Haus gratuliert die lokale Prominenz den Aktiven des Pole Poppenspäler Förderkreises zum 40. Festival. Die Pole Poppenspäler Tage haben sich seit langem als fester Bestandteil des nordfriesischen Kulturlebens etabliert.
Das erste Spiel des diesjährigen Festivals war der „Schimmelreiter“ nach der gleichnamigen Novelle von Theodor Storm, aufgeführt vom Kobalt Figurentheater aus Lübeck. Die packende und technisch anspruchsvolle Aufführung wurde mit viel Applaus bedacht – ein gutes Zeichen für die zahlreichen weiteren Spiele! Für einige wenige Spiele sind noch Restkarten verfügbar.
Fotos: ©MEYER ORIGINALS
Ein Bauchladentheater zum Jubiläum
Am Freitagnachmittag, sozusagen als Auftakt, wurde das Jubiläumsbändchen „Pole Poppenspäler Tage. 40 Jahre Phantasie Inspiration , Magie“ der Öffentlichkeit vorgestellt.
Isgard Terheggen (Pole Poppenspäler Förderkreis e.V.), Mathias Kuchta (Puppenspieler) und Rüdiger Otto von Brocken (Journalist) tauschten vor interessierten Zuhörer*innen Geschichten und Anekdoten aus. Sie erzählten kurzweilig von der Festivalplanung mit einem Festnetztelefon (!) sowie erschrockenen Theaterbesuchern bei Kindervorstellungen. Aus manchen Begegnungen mit Künstler*innen erwuchsen langjährige Freundschaften.
Rüdiger Otto von Brocken nahm dies zum Anlass über seinen Freund Günter Gerlach zu berichten. Der Puppenspieler Günter Gerlach aus Weimar war mit seinen Bauchladentheater-Auftritten ein besonderes Ereignis. Nach seinem frühen Tod 1991 schenkte Susanne Gerlach das Bauchladentheater „Die Schöne und das Biest“ an Rüdiger Otto von Brocken.
Dieses Bauchladentheater wurde nun zum Jubiläum der Pole Poppenspäler Tage der Poppenspäler Sammlung als Dauerleihgabe übergeben und ergänzt die bereits umfangreiche Dauerleihgabe von fünf Theatern und sieben Inszenierungen von Susanne Gerlach. Perdita Ehlert vom Pole Poppenspäler Förderkreis bedankte sich herzlich.
Foto: ©MEYER ORIGINALS
Ausstellung 23.6. – 6.10.2024 im Schloss vor Husum
Darf man über Hitler lachen?
Über Reinhold Beckers Puppenspiel „Die letzten Tage im Bunker des Führers“ – Eine deutsche Tragikomödie (1999)
Eine „persönliche Abrechnung“ mit dem Nationalsozialismus strebte der pensionierte Kieler Pastor Reinhold Becker (1932-2012) in seinem Puppenspiel an, mit dem die Amateurbühne ,,Beckers kleines Welttheater" 1999 beim Husumer Poppenspäler-Festival gastierte.
Sein Stück steht andererseits - über das Figurentheater hinaus - in einem literatur-, theater- und filmgeschichtlichem Kontext von Darstellungen, die die Schrecken des Nationalsozialismus mit einer verfremdeten Perspektive unter Einbeziehung komisch-satirischer Stilmittel verbinden.
Diese Zusammenhänge - neben dem Stück selbst - an Beispielen aufzuzeigen, ist die Absicht dieser Sonderausstellung, die das Kolk17 Figurentheater & Museum in Lübeck durch seine Leihgabe der Original-Figuren von Reinhold Becker ermöglicht hat.
Durch den Blick auf verschiedene künstlerische Auseinandersetzungen mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte möchten der Pole Poppenspäler Förderkreis und der Museumsverbund Nordfriesland Anregungen zu einer Diskussion geben, die in unseren Tagen nichts an Aktualität eingebüẞt hat.
Die Ausstellung wurde gefördert mit Mitteln der Böttcher Stiftung sowie des Rotary Club Husum. Sie ist bis zum 6. Oktober 2024 im Kaminzimmer im Schloss vor Husum zu sehen.